Rund 65.400 Menschen erhalten pro Jahr in Deutschland die Diagnose Darmkrebs. Was diese Statistik des Robert Koch-Institutes nicht darstellt, sind die Einzelschicksale der Erkrankten und ihrer Familien. „Die meisten Patienten stellen sich sofort existentielle Fragen nach der noch verbleibenden Lebensdauer und Lebensqualität sowie der weiteren Teilhabe am Arbeits- und Gesellschaftsleben“, bestätigt Dr. med. Ulrich Garlipp. Der Chefarzt leitet seit 2015 die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie in der Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen gGmbH. Er weiß, dass krebsbehandelnde Ärzte den Patienten nicht alle Sorgen nehmen können, aber eine ganzheitliche Behandlung ist heute möglich und sehr wichtig. Das beginnt mit der Diagnose und der ausführlichen Information zur Behandlung. Daran schließt sich die bestmögliche medizinische Therapie an, die aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt und auch weitere Fachbereiche einbezieht, die für die Behandlung der Patienten hilfreich sein können. Dabei denkt der Chefarzt beispielsweise an Psychoonkologen und Ernährungstherapeuten. Dieses Spektrum von in der Krebsbehandlung erfahrenen Ärzten, Psychologen und Ernährungswissenschaftlern deckt auch die Patientenakademie am 17. April 2019 ab. Als anerkannte Informationsveranstaltung der Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen gGmbH lädt sie diesmal ein zum Thema „Diagnose Darmkrebs – was nun?“.
Zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen
Darmkrebs tritt häufig im Dickdarm als Kolonkarzinom und im Mastdarm als Rektumkarzinom auf. Ärzte sprechen in beiden Fällen vom kolorektalen Karzinom. Da oft Darmpolypen Vorboten einer Krebserkrankung sind, empfiehlt sich bei familiärer Vorbelastung und ab einem bestimmten Lebensalter die regelmäßige Darmspiegelung. „Darmspiegelungen werden heute unter Narkose durchgeführt und bieten den Vorteil, dass verdächtiges Gewebe direkt entnommen und begutachtet werden kann“, sagt Dr. Garlipp. Denn das Tückische bei Darmkrebs ist, dass er relativ lange unentdeckt bleibt. Anzeichen wie Blut im Stuhl stellen sich häufiger erst in einem späteren Krankheitsstadium ein. Aber je früher Darmkrebs erkannt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Die Ärzte im Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen haben stets den Anspruch, nicht den Krebs, sondern den Menschen zu behandeln. Dieses ganzheitliche Behandlungskonzept wird die Assistenzärztin Christina Schaarschmidt in ihrem Vortrag näher erklären.
Die Aufgaben der beteiligten Fachbereiche sind klar definiert. Chirurgen operieren die Krebsgeschwulst und legen die Nachbehandlung (Chemo-, Antikörper-, Immun-, Strahlentherapie) in Abstimmung mit dem Patienten fest. Das Pflegepersonal umsorgt die Patienten in der stationären Zeit. Ängstigen sich Patienten sehr, kommen Psychoonkologen hinzu. Ernährungstherapeuten werden bereits vor der Operation zu Rate gezogen, um eine ungestörte Wundheilung zu ermöglichen und den späteren Ernährungszustand zu beobachten. Für die Mobilisation sind die Physiotherapeuten zuständig und Themen wie Rehabilitation und Rentenanträge liegen in den Händen der Sozialarbeiter. „Dieses Netz der Fachärzte, Psychologen und Fachkräfte des Pflege- und Sozialwesens kann den Krebserkrankten auffangen und ihn durch eine anstrengende Lebensphase begleiten“, bestätigt Dr. med. Ulrich Garlipp. In der Patientenakademie am 17. April 2019 kommen deshalb auch die Diplom-Psychologin und Psychoonkologin Sylvia Booth und die Ernährungswissenschaftlerin Dr. rer. med. Anja Müller zu Wort
Dr. med. Ulrich Garlipp zeigt in seinem Vortrag Behandlungsmöglichkeiten bei Metastasen auf. Er wird dabei auch darauf eingehen, welche Rolle nicht nur Umwelteinflüsse und genetische Faktoren, sondern insbesondere das Immunsystem bei einer Krebserkrankung und -behandlung spielen. So kommen seit wenigen Jahren neben den klassischen Mitteln zur Chemotherapie und den sogenannten Antikörpern auch neue Substanzklassen zur Anwendung, die in das Immunsystem eingreifen und die entartete, sich ungebremst vermehrende Krebszelle wieder anfällig für den natürlichen Zelltod macht. Nachdem mit dieser Therapie bereits der sogenannte „schwarze Hautkrebs“ und bestimmte Formen des Lungenkrebses behandelt werden, sprechen auch einige Darmkrebsformen darauf an. „Wir haben die Immuntherapie im Bitterfelder Klinikum schon erfolgreich eingesetzt. Gleichzeitig praktizieren wir hier die Integrative Onkologie, die darauf abzielt, die körpereigene Abwehrkraft gegen den Krebs auch anderweitig zu stärken. Dazu gehört, dass alle Beteiligten von der Diagnose bis zur Nachsorge vor Ort sind und gemeinsam mit dem Patienten an einem Strang ziehen. Bei auftretenden Problemen kann sofort reagiert werden und es entsteht eine viel intensivere, vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Behandlern. Dieses gute Gefühl auf beiden Seiten trägt nachhaltig zur Stärkung des Immunsystems und damit auch zur Heilung bei“, ist Dr. Garlipp überzeugt.
In der Klinik für Allgemein, Viszeral- und Gefäßchirurgie in der Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen gGmbH werden weit mehr als 150 Darmkrebspatienten jährlich behandelt. Zur Klinik gehören eine Station mit 38 Betten und drei Behandlungsplätze für die Durchführung ambulanter Chemotherapien. Im Fachbereich Koloproktologie werden alle gut- und bösartigen Erkrankungen des Dickdarms, des Enddarms und des Beckenbodens behandelt. Durch Spezialisierung auf dieses Organsystem und eine breite Kooperation mit anderen Fachrichtungen werden die Behandlungsergebnisse weiter optimiert. Zu den Qualitätsindikatoren gehören ein hoher Anteil laparoskopischer Operationen beim Rektumkarzinom, die unter dem Mikroskop bestätigte Qualität der Operation sowie die intraoperative Darstellung der Nervenfunktion und die intraoperative Kontrolle der Darmnaht auf Dichtigkeit. Kooperationspartner sind die Medizinische Klinik II, das Psychoonkologie-Team, die Physiotherapie und Ernährungsmedizin, der Sozialdienst und das Sanitätshaus Hellwig für die Stomatherapie.
Patientenakademie am 17. April 2019, 16:00 Uhr
Thema: Diagnose Darmkrebs – was nun?
Programm:
– Nicht den Krebs, den Menschen behandeln wir. Ganzheitliches Behandlungskonzept im Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen, Assistenzärztin Christina Schaarschmidt
– Stellenwert der Psychoonkologie bei Darmkrebs, Diplom-Psychologin Sylvia Booth
– Ernährungstherapie bei Darmkrebs, Ernährungswissenschaftlerin Dr. rer. med. Anja Müller
– Behandlungsmöglichkeiten bei Metastasen, Chefarzt Dr. med. Ulrich Garlipp
Ort: Saal 063, Städtisches Kulturhaus Bitterfeld-Wolfen, Puschkinplatz 3
Bildunterschrift
Informationsquelle: Die Patientenakademie der Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen gGmbH bietet interessante Vorträge zu vielfältigen Gesundheitsthemen. Foto: GZBIWO