Die diesjährigen Herzwochen der Deutschen Herzstiftung informieren unter dem Motto „Herz außer Takt“ über eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen – das Vorhofflimmern. Ca. 1,8 Mio. Menschen sind davon betroffen.
Vorhofflimmern ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, da sie unbemerkt und unbehandelt lebensbedrohlich für Herz und Gehirn werden kann – bis hin zu Herzschwäche und Schlaganfall.
Was sind die Ursachen? Wie kann man Vorhofflimmern erkennen? Welche Zusammenhänge bestehen zum Schlaganfall? Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Am 14. November 2018 fand daher im Städtischen Kulturhaus Bitterfeld-Wolfen eine Patientenakademie unserer Medizinischen Klinik I zum Thema „Herz außer Takt: Vorhofflimmern“ statt um Antworten auf diese Fragen zu geben.
Sehr viele Betroffene und Interessierte folgten wieder unserer Einladung und nahmen die Möglichkeit wahr, sich von unseren Fachärzten in allgemeinverständlichen Vorträgen über die Thematik informieren zu lassen.
Herr Hanna, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Zentrums für Innere Medizin begrüßte die Anwesenden und erklärte anschaulich, was Vorhofflimmern eigentlich ist, wie man es erkennt, welche Beschwerden auftreten, was im Herzen bei Vorhofflimmern geschieht und welche Risiken bestehen.
Danach referierte Herr Oberarzt Dr. med. univ. Haračić über die Zusammenhänge von Vorhofflimmern und Schlaganfall. So stellte er u.a. dar, dass durch das Flimmern der Vorhöfe die normale Pumpfunktion des Herzens gestört ist. Dies kann zur Folge haben, dass sich Blut in den Vorhöfen staut, dann verklumpt und Blutgerinnsel bildet. Wenn sich dann ein solches Gerinnsel löst, kann es ins Gehirn wandern, dort Blutgefäße verschließen und somit zu einem Schlaganfall führen, was bedeutet, dass Teile des Gehirns nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden können und die betroffenen Nervenzellen innerhalb kürzester Zeit absterben. Die ursprünglich von diesen Zellen gesteuerten Körperfunktionen fallen aus – dies kann zu Behinderungen und im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen. Ca. 30 % der Schlaganfälle sind Folge des Vorhofflimmerns.
Herr Oberarzt Silbernagl griff im Anschluss das Problem des drohenden Schlaganfalls auf und verdeutlichte die Wichtigkeit der Medikation. Tabletten sind unumgänglich um einen Schlaganfall und Herzschwäche zu verhindern sowie um Symptome zu lindern. Hierbei im Vordergrund stehen sog. blutverdünnende Mittel, welche die Gerinnung des Blutes hemmen und damit der Bildung von Blutgerinnsel vorbeugen.
Im Falle des Vorhofflimmerns kommen sog. Orale Antikoagulanzien (DOAKs) zur Anwendung. Orale Antikoagulanzien haben eine starke Wirkung. Daher muss auch der Gerinnungswert ständig Kontrolliert werden (Quick-Test). In den letzten Jahren wurden weitere Antikoagulanzien zugelassen, bei welchen der Blutgerinnungswert während der Anwendung nicht mehr kontrolliert werden muss. Diese werden als neue orale Antikoagulanzien (NOAK) bezeichnet.
Es gibt auch Medikamente, welche gegen Herzrhythmusstörungen, also auch das Vorhofflimmern, zum Einsatz kommen können – sog. Antiarrhythmika. Antiarrhythmika normalisieren den Herzrhythmus, indem sie entweder die Rezeptoren der Herznerven oder den Mineralhaushalt der Muskel- und Nervenzellen des Herzens beeinflussen.
Dann sprach noch einmal Herr Chefarzt Hanna. Er informierte über die interventionellen/chirurgischen Möglichkeiten bei der Behandlung des Vorhofflimmerns. Ziel eines diagnostizierten Vorhofflimmerns ist regelmäßig die Rhythmuskontrolle.
Eine Möglichkeit stellt dafür die elektrische Kardioversion dar. Es handelt sich um einen nicht-invasiven Eingriff – also ohne Operation – wobei mithilfe von Stromstößen (wesentlich geringer als z.B. bei der Defibrillation dosiert) der Herzrhythmus zurück in den Sinusrhythmus versetzt wird. Die Behandlung erfolgt unter Kurznarkose und ist somit für den Patienten schmerzfrei.
Eine weitere Variante ist die Katheter-Ablation. Hierbei werden durch einen speziellen Katheter-Eingriff krankhafte elektrische Erregungsherde am Herzmuskelgewebe verödet, welche sich infolge verschiedenster Herzleiden gebildet haben können und sozusagen als falsche Zündkerzen nicht benötigte Erregungsimpulse im Herzmuskelgewebe erzeugen. Oft kehrt das Herz nach einer Ablation dauerhaft in seinen normalen Rhythmus zurück.
Zum Abschluss der Veranstaltung griff der Chefarzt eine regelmäßig gestellte Frage auf: Was ist bei einer koronaren Herzerkrankung besser – eine Bypass-Operation oder das Einsetzen eines Stents?
Gem. der durch internationale Experten zusammengetragenen Leitlinien für die optimale Therapie bei Koronarer Herzerkrankung ist ein Stent die geeignete Therapie:
- als lebensrettender Eingriff bei akutem Herzinfarkt
- wenn nur wenige (ein bis zwei) Gefäße betroffen sind
- wenn die Engstellen nur kurze Strecken des Gefäßes betreffen
- bei (insbesondere) älteren Patienten denen auf Grund einer komplexen Herzerkrankung eine Bypass-Operation nicht zuzumuten ist
Bei komplexeren Verengungen und bei Veränderung aller drei Koronararterien liegt die Therapie der Wahl bei einer Bypass-Operation.
Als neue Ära in der Behandlung kann man daher die Bildung sog. „Herz-Teams“ bezeichnen. Hierbei arbeiten Kardiologen und Herzchirurgen bei der Behandlung der Koronaren Herzerkrankung fachübergreifend im Sinne der Patienten zusammen. Gemeinsam werden Begleitfaktoren wie Erkrankungen und anatomische Besonderheiten abgewogen mit dem Ziel, dass jeder Erkrankte die beste auf ihn abgestimmte Therapie erhält.
Herr Chefarzt Hanna bedankte sich bei den Anwesenden für die Aufmerksamkeit und freute sich, dass die Veranstaltungsreihe, welche bereits seit 2007 immer im November durchgeführt wird, sich als fester Bestandteil unserer Patientenakademien etabliert hat.
Es wurden sowohl gleich nach den einzelnen Vorträgen als auch im Anschluss ausführlich alle Fragen der Anwesenden von den Referenten beantwortet.