Zentrale Gleichgewichtsprüfungen und Zervikalnystagmus

Wie bereits bei der kalorischen und rotatorischen Labyrinthprüfung ausgeführt wurde, besteht die Funktion des Gleichgewichtsorgans des Innenohres darin, Signale über Körperbewegungen aufzunehmen und an Augenmuskeln und Körpermuskeln weiterzuleiten für die Aufrechterhaltung eines ruhigen Blickfeldes und der Körperstatik. Diese Signalweiterleitung erfolgt nicht direkt, sondern über Schaltstelen im sogenannten Hirnstamm und im Kleinhirn. Störungen in diesen Hirnabschnitten führen dann zu zentralem Schwindel.
Auch hierfür stehen uns Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung:


Optokinetische Prüfungen:

Der optokinetische Nystagmus wird auch als Eisenbahnnystagmus bezeichnet. Der Beobachter eines vorbeifahrenden Zuges folgt diesem unwillkürlich mit den Augen bis zu einem bestimmten Ablenkungspunkt, dann wird eine schnelle Rückstellbewegung der Augen durchgeführt, der sich wieder die langsamere Folgebewegung anschließt usw. Statt eines Eisenahnzuges projizieren wir ein schwarz-weißes Balkenmuster an die Wand, welches sich nach rechts oder links dreht und registrieren die Augenbewegungen, die nun einem optokinetischen Nystagmus entsprechen wider mit der Videonystagmografieaufzeichnung. Die Reizaufnahme für den optokinetischen Nystagmus erfolgt nicht im Innenohr sondern an der Augennetzhaut, die Signalverarbeitung und Weiterleitung an die Augenmuskeln wird in bestimmten Hirnnervenbahnen vorgenommen, so dass Störungen der Optokinetik Hinweise auf den Ort dieser Störungen geben können. Wir achten vor allem auf die Auslösbarkeit des Nystagmus analog zum Reizmuster und die Symmetrie beider Seiten.


Langsame Augenfolgebewegungen:

Hier wird der Patient aufgefordert, einem an die Wand projizierten und sich in verschiedenen
Geschwindigkeiten hin- und herbewegenden Lichtpunkt mit den Augen zu folgen. Die Augenbewegungen werden per Videonytagmografie aufgezeichnet und auf dem Computermonitor mit der Reizbewegung gemeinsam dargestellt. Normalerweise, kann man so einem Punkt bei langsamer Bewegung recht genau folgen, kleine Abweichungen korrigieren die Augen mit kurzen schnellen Augenrucken (Sakkaden). Diese werden dadurch ausgelöst, dass die Abbildung des Lichtpunktes auf der Stelle des schärftsten Sehens am Augenhintergrund (der Fovea) um ein gewisses Maß abweicht. Auch hier erfolgt die Signalumschaltung zu den Augenmuskeln an bestimmten Hirnabschnitten. Wird der Lichtpunkt schneller bewegt, werden auch die korrigierenden Sakkaden größer, da das Auge nicht mehr so exakt folgen kann, bis bei hohen Reizgeschwindigkeiten gar kein Folgebewegung mehr möglich ist. Treten dagegen große Sakkaden schon bei langsamen Reizgeschwindigkeiten auf, deutet dies auf eine Störung der beteiligten Nervenstrukturen hin.

Sakkadentest:

Hier springt der Lichtpunkt nach dem Zufallsprinzip an verschiedene Stellen der Wand, der Patient wird aufgefordert, diesem Punkt rasch mit den Augen zu folgen. Gelingt das nicht ausreichend sicher, ist entweder die Fixation des Auges gestört oder die Schaltstellen im Gehirn, die die Signale an die Augenmuskeln weiterleiten. Das sind übrigens die gleichen Hirnabschnitte, die auch die schnelle Rückstellphase bei einem Nystagmus verursachen.

Zervikalnystagmus:

Es ist heute noch immer nicht ganz bekannt, inwieweit Erkrankungen der Halswirbelsäule zu Schwindel führen können. Fest steht, dass bei starken knöchernen Veränderungen, die auch die Blutgefäße, die durch die Halswirbelsäule zum Gehirn ziehen einengen, Schwindel ausgelöst wird, d das Gehirn nicht mehr genügend durchblutet wird. Dieser Schwindel nimmt um so mehr zu, je länger das Blutgefäß durch Halsdrehung verengt wird. Schließlich kann dem Patienten schwarz vor den Augen werden oder er wird sogar bewusstlos.

An den Ansätzen der Muskeln und Sehnen im Bereich der Halswirbelsäule befinden sich aber auch Nervenzellen, die Informationen über die Stellung der Wirbelgelenke an das Gehirn zurückliefern. Erkrankungen der Halswirbelsäule, die diese Nervenzellen beeinflussen, können zu Schwindel führen, der mit einem sogenannten Zervikalnystagmus (Zervix = Hals) einhergeht. Um diesen Zervikalnystagmus mit der Videonystagmografiebrille aufzuzeichnen, müssen alle Bewegungsreize für das Gleichgewichtsorgan des Innenohres und alle optischen Reize ausgeschlossen werden. Das wird möglich, wenn der Patient auf unserem Dreh-Pendelstuhl mit der Videonystagmografiebrille (durch die er selbst nichts sieht) Platz nimmt und der Drehstuhl abwechselnd langsam nach rechts und links um ca. 60o bewegt wird. Der Kopf des Patienten wird dabei geradeaus gehalten, der Körper dreht also im Bereich der Halswirbelsäule gegen den Kopf. Die Auslösung eines Nystagmus in Verbindung mit Schwindel ist ein Hinweis auf eine Gleichgewichtsstörung durch eine Erkrankung der Halswirbelsäule.

Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Plastische Operationen, Stimm- und Sprachstörungen